Zwei Drittel der Vermittler am Markt machen ca. 30-40 % der Produktion bei den Versicherern. Warum ist das so? Die Gründe sind vielfältig und können hier alle gar nicht aufgezählt werden. Aber: Es gibt bei den Versicherern einen sogenannten „Mittelbauch“ von Vermittlern, die schon leistungsbereit sind, aber nicht die richtigen Dinge beherrschen, um z.
- ein Verkaufsgespräch erfolgreich abzuschließen. Dies sind die Verkaufs-Automatismen. Zur Begriffsklärung: Automatismen sind „in Fleisch und Blut“ übergegangene Standards im Verkauf. Sicherlich erinnert man sich noch an die Zeit, als man in der Fahrschule war. Der Prozess, die Kupplung zu treten und dann dosiert Gas zu geben, um anzufahren, war manchmal gepaart mit einem Abwürgen des Motors. Oder bei einer Notbremsung war der Fuß zwar auf der Bremse, aber ausgekuppelt wurde nicht. Dies hat man solange geübt, bis einem diese Prozesse „in Fleisch und Blut“ übergegangen sind. Genauso ist es bei den entscheidenden Themen im Verkauf.
Damit auch eins ganz klar an dieser Stelle gesagt wird. Wir befinden uns in einem Markt mit ganz geringem Wachstum. Also herrscht ein starker Verdrängungswettbewerb. Deswegen kann das Beherrschen der Verkaufs-Automatismen entweder für eine Nivellierung im Markt sorgen, oder aber die schnellen Versicherer „fressen“ die langsamen, wenn sie ihrer Verkaufsmannschaft hierbei richtige Unterstützung geben.
Die zentrale Fragestellung ist: Warum soll der Kunde bei mir kaufen und nicht woanders? Weil ich das bessere Produkt habe? Schon schlecht. Weil ich den günstigsten Preis habe? Noch schlechter. Denn kommt ein anderer, der eins oder beides hat, ist der Kunde weg. Also kommt es ganz zentral darauf an, wie ich mich im Verkaufsgespräch positioniere und wie ich die Verkaufs-Automatismen beherrsche. Es gibt vier grundlegende Verkaufs-Automatismen, die ich in meinen Gesprächen absolut sicher beherrschen muss:
- die Einwandbehandlung
- den Spurwechsel
- die Terminierung
- die Empfehlungsname
Die Einwandbehandlung
Es gibt vom Grundsatz her in einem Verkaufsgespräch (egal in welcher Branche) nicht mehr als zwei handvoll von Einwänden, die immer nur in den unterschiedlichsten Arten und Weisen von den Kunden variiert werden. Die richtige Art der Einwandbehandlung muss man deshalb beherrschen. In meinen Verkaufstrainings höre ich immer wieder, wenn ich die Einwände möglicher Kunden beantworte: „Schreiben sie doch mal ein Buch über diese Einwandbehandlung, sie formulieren das so schön und so treffsicher und zielführend.“ Ich muss dann immer wieder darauf hinweisen, dass das Auswendiglernen von Einwänden nicht zielführend ist, denn wer kann schon mehrere hundert Seiten von möglichen Einwänden (hier die Varianten) lernen und im Kopf haben. Wichtig ist der Automatismus, der hier zu einem Standard wird. Wenn also ein Kunde einen Einwand formuliert, spielt sich in meinem Kopf sofort das Kinderlied der Sesamstraße als Melodie ab: „Wer, wie, was, wieso, weshalb, warum, wer nicht fragt bleibt dumm.“ In dem Moment, wo diese Melodie erklingt, weiß ich schon, wie ich den Kunden auf seinen Einwand hin zu begegnen habe. Wenn der Kunde also formuliert: „Aber ich habe doch schon vor 10 Jahren eine Lebensversicherung abgeschlossen.“, dann muss die zielführende Antwort sein: „Das ist gut so. Was waren denn aber ihre damaligen Überlegungen im Sinne des heute zu besprechenden Konzeptes für ihre Ruhestandsplanung?“ Jetzt gebe ich also elegant den Ball an den Kunden zurück, lasse ihn formulieren und kann diese Antwort dann in meine konzeptionellen Überlegungen mit übernehmen.
Der Spurwechsel
Viele Vermittler tun sich schwer, wenn sie aus gegebenem Anlass beim Kunden ein ganz bestimmtes Thema behandeln, z. B. das Versichern des Ersatzfahrzeuges, den entscheidenden Schritt zu machen, um die Spur – sprich das Thema – zu wechseln. Wenn der Kunde also bei mir sein neues Fahrzeug versichert hat, dann ist die Vollkasko der richtige Anlass. Herr Kunde: Ihr neues Fahrzeug haben wir jetzt auch gegen Blech- und Totalschäden gut abgesichert. Aber wie ist es mit ihnen als Person? Ich denke, sie sollten sich wichtiger sein als ihr Auto. Wie steht es denn hier um die Absicherung ihrer Arbeitskraft? Spurwechsel heißt: Ich wechsle das Beratungsthema auf Grund eines konkreten Anlasses elegant und ohne dass es phrasenhaft oder abgedroschen klingt. Denn warum sollte dem Kunden seine eigene Person weniger wichtig sein als sein Fahrzeug? Genauso kann man für alle anderen Beratungsthemen entsprechende Automatismen trainieren, um diese als Standards zu verankern.
Die Terminierung
Wenn ich im Kundengespräch bin ist es meine zentrale Aufgabe, den nächsten Termin schon „hier und heute“ festzulegen. Bin ich zum Erstgespräch da und will nach der Analyse der Unterlagen ein Zweitgespräch vereinbaren, mache ich das sofort. Warum soll sich mein Innendienst oder ein Call-Center damit beschäftigen? Aber auch wenn das Gespräch erfolgreich abgeschlossen wurde, vereinbare ich schon den nächsten Risiko- und Vorsorgecheck mit den Worten: Herr Kunde, wann sollen wir aus ihrer Sicht den nächsten Risiko- und Vorsorgecheck turnusgemäß vornehmen? In 18 oder lieber in 24 Monaten? Im Laufe der Jahre muss es selbstverständlich sein, dass sie und der Kunde immer den nächsten Termin gleich fixieren.
Die Empfehlungsnahme
Viele Vermittler klagen darüber, dass sie zu wenig neue Kunden akquirieren, und dann werden die abenteuerlichsten Dinge angegangen. Fremdakquise, allerdings unkoordiniert, Werbung, allerdings einmalig, Kunden werben Kunden, allerdings nicht fokussiert, usw., usw. Dabei ist ein gut verlaufendes (und hoffentlich erfolgreiches) Verkaufsgespräch, aber auch eine gute Schadenregulierung, der Ansatzpunkt für eine qualifizierte Empfehlungsnahme. Die Empfehlungsnahme besteht aus drei Elementen – der Schaffung empfehlungswerter Leistungen – der Nutzung der Empfehlungsmechanismen – dem Aufbau und der Pflege von Empfehlungsnetzwerken. Das Zauberwort heißt hier, Erwartungen der Kunden zu erfüllen oder leicht zu übertreffen. Die Zauberformel ist hier die 3 zu 33-Regel – außerordentliche gute Kundenerlebnisse werden 3 Mal weitererzählt – schlechte Kundenerlebnisse dagegen 33 Mal. Ich muss also in den Verkaufs-Automatismen die bewusste Steuerung von Empfehlungen verankern und täglich anwenden.
Wenn es dem einzelnen Vermittler gelingt, diese vier zentralen Verkaufs-Automatismen in seinen täglichen Handlungen in „Fleisch und Blut“ übergehen zu lassen, dann werden deutliche Umsatzsteigerungen nicht zu verhindern sein.
Hartmut Pfaffinger