Vom Grundsatz her benötigt jede Agentur, um erfolgreich sein zu können, ein Managementsystem (nennen wir es Agenturinformationssystem), das alle Informationen seitens der Kunden, seitens des Unternehmens und seitens der Agentur in sich vereint. Die Realität sieht aber oft anders aus. Dennoch kann eine Agentur nicht warten bis alles aus einem Guss angeliefert wird, sondern muss handeln, im Zweifel auch mit Übergangslösungen leben können.
Fangen wir mit der größten Selbstverständlichkeit an. Jede Agentur erhält vom Versicherer Produktionsvorgaben in Summe und Stück. Nennen wir dies Geschäftsplan. Um die Arbeit darauf abstimmen zu können, müsste dieser Geschäftsplan auf dem Computer hinterlegt sein und jeden Tag, wenn der Agenturinhaber sein Gerät hochfährt, müsste der aktuelle Stand zum Geschäftsplan im Sinne von Soll und Ist zur Verfügung stehen. Denn alle relevanten Daten sind im Unternehmen vorhanden. Für Geschäft, das nicht über die automatische Angebotssoftware kommt, muss sicherlich eine Korrekturmöglichkeit vorhanden sein. Wenn es schon bei dieser Selbstverständlichkeit in vielen Agenturen hapert, heißt das aber, dass für die nächste Zeit einiges selbst in Angriff genommen werden muss.
Ziel eines modernen Verkaufssupport ist es, die Verkaufseffizienz und –effektivität zu steigern, um mehr Zeit für den aktiven Verkauf zu bekommen. Denn die Interaktion mit den Kunden ist oftmals ein zentraler Engpass.
Die Entwicklung von Agenturen im Sinne eines Prinzipbildes zeigt die Abb. 1.
Diese Entwicklungsfelder sind Handlungsfelder, d. h. wenn ich nicht in diesen Feldern handele, dann kann sich mein Unternehmen auch nicht entwickeln. Dies klingt absolut trivial, ist aber in der täglichen Praxis eine der größten Herausforderungen.
Was benötigt es also konkret, um die Entwicklungsfelder voranzutreiben?
- Eine klare Aufgaben- und Zeitanalyse der Verkäufer
- Eine ständige Analyse der Organisation und der Prozesse
- Daten zur Kundenqualität, Kontaktqualität und der Beziehung und dem Vertrauen von und zum Kunden
- Management der Vertriebskomplexität
Damit sich der Verkauf auf die richtigen Kunden und Leistungen konzentrieren kann, benötigt er auch möglichst in Realzeit, aber zumindest zeitnah, Informationen aus dem Unternehmen zu Veränderungen in der Lebenssituation des Kunden bzw. zu bestimmten Erlebnissen der Kunden, die Anlass für Beratung und Verkauf sein könnten. Die üblichen Anlässe wie Heirat, Geburt und Scheidung eines Kunden sind bekannt. Es gibt aber 15 bis 20 solcher Anlässe, die in einem Unternehmen organisiert bei Kenntnis sofort dem Verkauf zur Verfügung gestellt werden sollten. Gute Systeme erlauben es der Agentur dann, ein besseres Gedächtnis als der Kunde selbst zu haben. Auch wenn man den Kunden in der Vergangenheit schon auf bestimmte Umstände hingewiesen hat, sind Kunden häufig nicht in der Lage, ihren eigenen Nutzen zu erklären oder zu optimieren. Sie können deshalb gute von schlechten Angeboten nur ungenügend unterscheiden. Genau in der Veränderung der Lebenssituation habe ich dann aber die entscheidenden verkäuferischen Ansatzpunkte, um bedarfsgerecht den Kunden zu beraten.
Bei Agenturen mit mehreren Außendienstmitarbeitern bedarf es zur konkreten Steuerung ein Management-Tool, um das Geschehen beim Kunden nachvollziehen und, wo nötig, korrigierende Maßnahmen einleiten zu können, um die Kundenbeziehungen zu festigen und zu erhalten und andererseits den Vertrieb, den Verkauf besser steuern zu können und definierte Qualitätsstandards sicherzustellen. Am Markt gibt es hier schon ganz vernünftige Tools, die ich mir als Modul hinzukaufen kann. Bei ca. sieben bis acht Nutzern muss ich hier mit monatlichen Kosten von ca. 100 € rechnen. Diese Systeme ermitteln dann die individuelle Qualität des vergangenen Tuns der Außendienstmitarbeiter und errechnen daraus die erforderliche Quantität und Qualität des künftigen Tuns, um angegebene Ziele zu erreichen.
Erfasst werden Produktionswerte, Gesprächsdauer, Gesprächsdichte (wie viele Themen werden regelmäßig in einem Kundentermin behandelt), usw. Besonders interessant in den Analysen sind die Tools dann, wenn sie zeigen, welche Themen bei den Gesprächen mit den jeweiligen Anlässen überhaupt angefasst bzw. besprochen und behandelt wurden und wie daraus die erzielten Ergebnisse sind. Somit sind solche Tools ein Qualitätssicherungswerkzeug in jeder Agentur. Bei kleineren Agenturen kann man dies auch per Strichliste händisch machen, aber es bleibt ein unverzichtbares Instrument.
Die Abb. 2 zeigt, in welchem Reifestatus im Sinne der Entwicklungsfelder sich die Agenturen in der Mitte ihrer Umbauphase befinden.
Deutlich ist zu erkennen, dass mehr als die Hälfte der Agenturen im Sinne der hier beschriebenen Wirkungsmechanismen noch nicht den unternehmerischen, notwendigen Reifegrad erreicht haben. Genau dazu würden aber solche Instrumente und Module beitragen, um den Entwicklungsprozess schneller voranzutreiben.
Einige Benchmarks, die es zu beachten gilt im Sinne der Wirkungsweisen im Verkauf haben wir bereits in den Ausgaben Dezember 2012 und Februar 2013 in der Zeitschrift Versicherungsvertrieb im Detail besprochen. Darüber sollten Systeme immer zeitnah Informationen zur Verfügung stellen.
Wenn ich also meine Agentur in der Umbauphase schneller voranbringen will, dann bedarf es einiger grundlegender Bedingungen.
- Am Anfang braucht es eine einfache (sprich schlanke) Lösung.
- Dann müssen einzelne Teile daraus konsequent weiterentwickelt
- Danach sollten dann die anderen Teile gezielt nachgeholt
- Nach einem Zeitraum von zwei bis drei Jahren sollte das gesamte System (Agenturinformationssystem) auf den Prüfstand gestellt werden, um es gezielt weiterzuentwickeln.
- Nach drei bis vier Jahren sollte eine neue Qualitätsstufe in der Agentur in der Bearbeitung der Kundensegmente erreicht sein. Denn erfolgreiche Agenturen bewegen sich in der Handlungswelt der Kunden, weshalb sie auf zeitnahe Informationen angewiesen
Nur wenn es gelingt, mit der Komplexität einer Agentur professionell umzugehen bzw. diese zu reduzieren, lassen sich anspruchsvolle Strategien realisieren. Es fehlt also auch morgen nicht an Aufgaben, um die Agentur zu professionalisieren.
Hartmut Pfaffinger