Für die Mehrzahl der Vermittlerbetriebe sind beide Zielsetzungen wichtiger denn je. Es ist auch kein Widerspruch beide Themen gleichzeitig anzugehen. Nach dem Wirtschaftlichkeitsprinzip – auch ökonomisches Prinzip genannt – soll ein Unternehmen entweder ein bestimmtes Ziel (z.B. Umsatz) mit möglichst wenigen Mitteln (z.B. Kosten) erreichen oder aber es soll mit gegebenen Mitteln (z.B. Kosten) ein möglichst
großer Nutzen (z.B. Umsatz) erzielt werden. Da viele Unternehmen aber nicht von Jahr zu Jahr stringent nach diesem Prinzip verfahren, ergibt sich in der Praxis oftmals die Möglichkeit nach dem Optimumprinzip beide Zielsetzungen zu verfolgen und zu erreichen. Deshalb gilt: Das Eine tun und das Andere nicht lassen.
Kosten sind nicht einfach vorhanden, sie sind entstanden oder einfach billigend in Kauf genommen worden. Die Konsequenz daraus ist – in vielen Unternehmen nicht selbst- verständlich – die Identifikation und Beherrschung der Kostentreiber. Dabei geht es um die Frage, was (nicht wer) dafür verantwortlich ist, dass z.B. die Kostenart „Personal- kosten“ hoch ist. Dies kann viele Gründe haben. Genau das sind die Kostentreiber
im Geschäft. Echte Kostengestaltung setzt an diesem Hebel an und nicht an pauschalen Kostensenkungsprogrammen.
Mindestens einmal im Jahr muss großer Frühjahrsputz sein - also die systematische Müllabfuhr (so der betriebswirtschaftliche Fachbegriff) – weil dadurch sichergestellt wird, dass Überflüssiges, Überkommenes und nutzlos Gewordenes über Bord geworfen werden kann. Dabei sollte sowohl bei der Effektivität als auch bei der Effizienz angesetzt werden, aber Bitte in dieser Reihenfolge.
Bei der Effektivität wird die Frage gestellt: Tun wir auch das Richtige? Sind alle Tätigkeiten wirklich notwendig? Es muss all das zur Disposition stehen, was abgebaut werden kann, ohne den Gesamtnutzen für den Kunden oder das eigene Unternehmen zu verringern. Bei der Effizienz wird die Frage gestellt: Tun wir die Dinge richtig?
Dieser Ansatz setzt genau bei den Leistungen an, die nicht gestrichen werden können. Hier geht es um die Frage, wie können wir die Leistungen bei geringerem Aufwand gleich belassen bzw. wie kann bei gleichem Aufwand mehr Leistung erzielt werden?
Natürlich kann eine zu hohe Kostenquote aus zu geringem Umsatz resultieren. Damit kommen wir zum zweiten Thema. Wie kann der Umsatz erhöht werden? Mangelnder bzw. nicht zufriedenstellender Umsatz hat Ursachen. Dies ist eigentlich eine ganz banale Erkenntnis. Aber warum wird dies immer wieder in der Praxis verdrängt? Weil dieses Problem ein Gesicht hat. Nämlich das, das ich morgens im Badspiegel betrachten kann. Heute nicht betrachten wollen wir das Thema des „Nicht-Beherrschen des Verkaufshandwerks“, dazu siehe den Artikel „Mehr Umsatz durch Verkaufs-Automatismen“ (Versicherungs-Vertrieb 6/2012).
Die weitaus überwiegenden Ursachen liegen aber woanders. Sie liegen in der Tatsache begründet, dass der Inhaber bzw. Leiter des Vermittlerbetriebes seine zusätzliche Rolle (neben dem Verkauf) als Unternehmer und Manager nicht entsprechend würdigt bzw. handhabt. Umsatz ist immer das Ergebnis von Potenzialausschöpfung. Schöpfe ich meine Potenziale schlecht aus, ist auch das Ergebnis so. Es geht aber auch anders.
Nur muss ich dazu mein Unternehmen entwickeln. Mehr als die Hälfte aller Vermittlerbetriebe kommt über den Level „Beherrschen des Tagesgeschäftes“ nicht heraus.
Anders geht es, wenn endlich angefangen wird, das Unternehmen systematisch und permanent zu entwickeln. Basis ist natürlich eine Analyse der derzeitigen Ausgangssituation. Fangen wir beim Kundenbestand an. Zuerst muss ich ermitteln, wie viele Privatkunden (-haushalte) habe ich denn in meinem Bestand und wie viele Verträge haben diese bei mir eingedeckt. Die Relation Verträge dividiert durch Kunden ergibt die sogenannte Cross-Selling-Quote. Ein Wert unter 2 ist (betriebswirtschaftlich gesehen) miserabel, ein Wert unter 2,5 schlecht, unter 3 mittelmäßig, unter 3,5 gut, unter 4 sehr gut, unter 4,5 exzellent und ab 4,5 Spitzenklasse.
Betriebe mit Quoten unter 3 müssen sich zuerst folgende Fragen beantworten:
- Haben wir ein Verfahren, mit dem wir unsere spezifischen Stärken im Vergleich zu unseren Wettbewerbern im Kundenbestand ermitteln und weiterentwickeln?
- Haben wir ein Verfahren, mit dem wir die Kundenbedürfnisse erkennen können?
- Haben wir ein Verfahren, um die Kundenzufriedenheit zu ermitteln und Maßnahmen einzuleiten?
Nur wenn diese Fragen mit ja beantwortet werden, können wir unseren Kunden konkret sagen, wo unsere Stärken liegen, um uns gegenüber anderen abzuheben. Wir wissen dann auch, welche Wünsche und Bedürfnisse der einzelne Kunde hat und welche unserer Stärken für den jeweiligen Kunden besonders nützlich sind.
Betriebe mit Quoten 3 und höher arbeiten in der Regel bereits auf einem anderen Level. Wenn hier der Umsatz (sprich Wachstum) nicht mit den Zielvorstellungen einhergeht, muss ich folgenden betriebswirtschaftlichen Grundsatz berücksichtigen. Zeitgemäße Agentursteuerung ist evidenzbasierte Agentursteuerung, also keine Maßnahme, ohne das die Wirkung belegt ist. Wenn herausgefunden werden soll, welche Maßnahmen nicht die richtige Wirkung erzielt haben, bieten sich zwei Ansätze an.
Gibt es eine Vermutung bzw. einen Hinweis, wo die Ursache liegen könnte, wäre die „Engpasskonzentrierte Strategie (EKS)“ eine Möglichkeit. Welche der einge- setzten Faktoren wirken weshalb nicht richtig und wie wäre das zu ändern? In der Abarbeitung der erkannten Aufgabenstellung liegt dann die Lösung des Problems.
Wenn gar keine Erkenntnisse bzw. Vermutungen über die Gründe vorhanden sind, empfiehlt sich ein Strategie-Audit. Der Vorteil dieser Vorgehensweise liegt darin, das Bestehende zuerst nicht in Frage gestellt wird, sondern geprüft wird, wie die Inhalte der Strategie erarbeitet wurden, wie der Prozess zur Erarbeitung, Umsetzung und Weiterentwicklung der Strategie aufgesetzt ist und letztendlich wie die Konsequenzen der Strategie in Bezug auf Aufbau- und Ablauforganisation, Ziele und Aufträge für Mitarbeiter, Kommunikation und Reporting usw. gelebt werden.
Wer vorerst ohne diese beiden methodischen Vorgehensweisen die Situation analysieren will, sollte sich folgende Fragen beantworten:
- Haben wir ein Verfahren, mit dem wir unsere Ziele, Vereinbarungen und Arbeitsergebnisse kontrollieren und bewerten?
- Haben wir ein Verfahren, um unsere Prozesse ständig und systematisch auf Verbesserungsmöglichkeiten zu überprüfen?
- Haben wir ein Verfahren, um bei der Planung möglichst alle den Prozess beeinflussenden Faktoren zu berücksichtigen, um unproduktive Zeiten, Störungen, Qualitätsmängel, Ablaufverzögerungen zu vermeiden?
- Haben wir ein Verfahren, um mit Fehlern konstruktiv umzugehen und sehen wir sie als eine Verbesserungsmöglichkeit?
Wenn diese Hausausgaben erfolgreich erledigt werden, sind Kosten und Umsatz in der gewünschten Dimension erreicht. Viel Erfolg bei der Umsetzung.
Hartmut Pfaffinger